Talgraben-Sanierung in Berlin
Talgraben als maßgebliches Verbindungsbauwerk mit Bauschäden behaftet
Das verrohrte Gewässer liegt unterhalb von Stadtstraßen von Wohngebieten, unterhalb von Sportstätten, unterhalb der Verkehrsflächen der A 100 und des Abzweiges Steglitz sowie unterhalb einer mehrgleisigen DB-Strecke in Tiefenlagen von teilweise bis zu 20 Metern. Es fungiert als unterirdische Verbindung zwischen dem Hubertussee und dem Fennsee und bildet somit ein zentrales Bauteil für den Wasserkreislauf in der Seenkette von der Havel zur Spree. Im Auslaufbauwerk des Talgrabens am Hubertussee befindet sich die Pumpstation Hubertussee, die Wasser aus dem Hubertussee entgegen der natürlichen Fließrichtung in den Fennsee befördert. Durch eine Stauschwelle in der Pumpstation Hubertussee steht der Talgraben permanent im Rückstau des Fennsees.
Talgraben als Aufnahme und Ableitung
Zusätzlich zur Verbindungsfunktion dient der Talgraben der Aufnahme und Ableitung von Oberflächenwasser aus dem Stadtgebiet, dem Stadienbereich und der Autobahn, welches über die Peripherienetze der Berliner Wasserbetriebe zugeführt wird.
Der Talgraben weist über seine komplette Länge Baumängel in Form von Längsrissbildungen und mechanischem Verschleiß auf. Aus diesem Grund ist eine ganzheitliche Sanierung einhergehend mit der Aufrechterhaltung und Wiederherstellung der betrieblichen Anforderungen an den Abwasserkanal sowie des Schutzes noch erhaltenswerter Kanalsubstanz vorgesehen.
Zielsetzung des Projektes ist eine dauerhafte Sanierung des Talgrabens mit eindeutiger Verbesserung der baulichen Gesamtsituation, um in den nächsten Jahrzehnten eine wirtschaftliche Nutzung des Entwässerungssystems mit geringem Unterhaltungsaufwand gewährleisten zu können.
Stichpunkte zur Referenz:
- Gesamtlänge beträgt 1.895 m, aufgeteilt auf 35 Haltungen und 34 Schachtbauwerke
- Dauerhafte Sanierung mit eindeutiger Verbesserung der baulichen Gesamtsituation
- Nutzwertanalyse und Risikoabschätzung
Nutzwertanalyse und Risikoabschätzung führen zu Vorzugsvariante
Der Talgraben kann aufgrund seiner Charakteristik nicht als Standard-Linienbauwerk bezeichnet werden. Mit seiner Eigenschaft als gestürztes Eiprofil, einer Tiefenlage von bis zu 20 Metern, einer schwer zugängigen topographischen Lage teilweise unterhalb sportlich genutzter Stadien und im Bereich des Wilmersdorfer Autobahnkreuzes und einer in Teilbereichen großen Zulaufmenge (mehrere Hundert Liter pro Sekunde) an Oberflächenwasser von angeschlossenen Teilnetzen im Regenfall sind spezielle Bedingungen gegeben, die eine besondere Betrachtungsweise erfordern. Die Sanierungsmöglichkeiten sind aus den genannten Gründen unter Berücksichtigung der auftretenden Schadensbilder begrenzt. Zu dieser Begrenzung kommt hinzu, dass die hydraulische Situation eine Sanierung mit Kreisprofilen und der damit einhergehenden massiven Querschnittsreduzierung ausgeschlossen ist. Dies konnte durch einen durch LINDSCHULTE geführten hydraulischen Nachweis einzelner Sanierungsvarianten nachgewiesen werden.
Für die Sanierung des Talgrabens bietet sich unter Berücksichtigung aller relevanten Einflussgrößen die Renovierung in geschlossener Bauweise als zielführende Bauweise an. Um über eine Entscheidungshilfe für die Bewertung der einzelnen Sanierungsverfahren der Renovierung zu verfügen, wurde von der LINDSCHULTE INGENIEURGESELLSCHAFT eine Nutzwertanalyse aufgestellt. Hierbei wurden die Sanierungsverfahren „Schlauchrelining Synthesefaser“, „Schlauchrelining GFK“, „Einzelrohrrelining GFK“ und „Wickelrohr PVC“ miteinander verglichen.
Mit dieser Analyse war es möglich, den ausgesuchten Wertungskriterien in Abhängigkeit des Sanierungsverfahrens speziell auf die Situation des Talgrabens bezogene Bewertungen und Gewichtungen zuzuordnen. Ergebnis der Nutzwertanalyse ist unter Berücksichtigung aller Randparameter und Projekterkenntnisse die Ermittlung des vorteilhaftesten Sanierungsverfahrens.
Zusätzlich zur Nutzwertanalyse wurde eine Risikoabschätzung bei einem Starkniederschlagsereignis in Abhängigkeit des Sanierungsverfahrens durchgeführt. Dabei wurde das Thema Nutzungseinschränkung und Abwasserfreihaltung und damit verbunden das Materialverlustrisiko und das Personengefährdungsrisiko näher betrachtet.
Die Auswertung der Nutzwertanalyse und der Risikoabschätzung führten zu dem Ergebnis, dass das Schlauchliningverfahren als Vorzugsvariante zu bewerten ist.
Anspruchsvolle örtliche Verhältnisse ergeben ca. 1‑jährige Bauzeit
Die Talgrabentrasse kann grundsätzlich in zwei Abschnitte eingeteilt werden. Die Haltungen des Abschnitts 1 zwischen Hubertussee und Wilmersdorfer liegen im öffentlichen Verkehrsraum in einer Tiefenlage bis 10 Meter. In Abschnitt 2 zwischen Wilmersdorfer Stadion und Fennsee sind die Zufahrtsmöglichkeiten durch die Stadien- und Autobahnsituation sehr begrenzt, die Tiefenlage des Kanals beträgt bis zu 20 Meter. Aus Gründen der erschwerten Randbedingungen ist eine sorgfältige Ausführungs- und Bedarfsplanung angezeigt. Insbesondere die sich ergebenden großen Sanierungslängen, die bis zu 300 Meter betragen können sowie die erforderlichen Baustelleneinrichtungsflächen und die daraus resultierenden Verkehrssicherungsmaßnahmen im Stadt- und Autobahnbereich sind detailliert festzulegen. Für die Bereitstellung von Baustelleneinrichtungsflächen ist ein gewisser Eingriff in Natur und Landschaft sowie das Rückbauen von Zäunen, Toren und anderen Hindernissen unumgänglich. Darüber hinaus erfordern die teilweise hohen seitlichen Zuflussmengen zum Talgraben eine dezidierte Vorflutsicherung während der Bauarbeiten.
Die geschlossene Sanierung besteht aus den Reinigungs- und Inspektionsarbeiten, den Vorarbeiten zum Linereinbau, der Linersanierung sowie den Nacharbeiten wie das Öffnen von Zuläufen und Anbinden der Liner an die Schächte. Schachtsanierungsarbeiten werden hauptsächlich in Form von GFK-Laminaten im Bereich der Unterteile durchgeführt.
Neben den geschlossenen Sanierungsmaßnahmen sind auch einige Neubaumaßnahmen vorgesehen. Der Neubau von zwei bis zu 17,50 Meter tiefen Schachtbauwerken dient der besseren zukünftigen Erreichbarkeit und Unterhaltung des Talgrabens. Zusätzlich werden an zwei bestehenden Schächten Treppenanlagen in Böschungsbereichen hergestellt. Da das Einlaufbauwerk am Fennsee abgängig ist, werden hier zwei neue Flügelwände mit Dammbalkenverschluss errichtet.
Aufgrund des umfangreichen Leistungsbildes und der besonderen örtlichen Verhältnisse ist eine Bauzeit von rd. einem Jahr anzusetzen. Die Höhe des Bauvolumens erfordert eine europaweite Ausschreibung der Leistungen, die für das 2. Quartal 2016 vorgesehen ist.