„Kein Tag ist wie der andere“
Julian Helbig hat die Baustelle B51 fest im Blick
Dass sich der vergangene Herbst wettertechnisch letztlich von seiner besseren Seite und sich auch der Winter milde zeigte, kommt Julian Helbig und seinen Kollegen recht, denn: Regen und Schnee verzögern die Bauarbeiten.
„Bei Niederschlägen müssen Pumpen laufen, um das Wasser vom Bauwerk fern und die Baugruben frei zu halten. Gerade wenn Rampen für die Brücken gebaut werden, die lageweise angeschüttet werden und es mehrere Tage und Wochen regnet, ist die oberste Schicht nicht mehr verdichtungsfähig. Ab einem bestimmten Wassergehalt kippt der zunächst positive Effekt des Wassers bei der Verdichtung und lässt die Fest-stoffe auseinander gleiten“, erläutert der LINDSCHULTE-Fachmann.
Wetteranalysen für die Planung der Bauzeit
Auch bezüglich der Handhabung mit Asphalt gibt es definierte Vorschriften, die eingehalten werden müssen. Dazu zählen unter anderem Temperaturen, die nicht unterschritten werden dürfen, so beispielsweise die der Deckschicht. „Liegt die Luft- und Unterlagentemperatur bei unter fünf Grad Celsius, wird es gefährlich, da das Material dann zu schnell auskühlt und sich nicht mehr richtig verdichten lässt“, erläutert Julian Helbig, Bauüberwacher bei LINDSCHULTE. Im Winter gebe es deshalb, zumindest für den Asphaltbau, einen Baustopp. „Bei der Tragschicht hingegen haben wir ein wenig Spielraum. Deren Bau ist auch bei anderen Temperaturen möglich. Grundsätzlich sollte die Unterlage jedoch nicht gefroren oder nass sowie frei von Schnee und Eis sein. “
Um die Bauzeit planen zu können, finden des halb regelmäßig im Voraus Wetteranalysen statt. Im Fall der Baustelle B51, die mehrere Brückenbauten, Straßen‑, Erd- und Tiefbau sowie Trogbauwerke beinhaltet, beträgt die veranschlagte Bauzeit noch etwa fünf Jahre.
Das A und O
Dass eine Großbaustelle immer wieder unvorhersehbare Herausforderungen an den Tag legt, dürfte weitestgehend bekannt sein. Individuelles Arbeiten und Improvisation sind deshalb das A und O. „Das passiert sehr oft. Was am Schreibtisch geplant wird, ist in der Realität oft etwas anderes“, macht Helbig deutlich. Irgendetwas komme immer dazwischen: sei es das Anliegen eines Anwohners oder Funde im Boden wie zum Beispiel Versorgungsleitungen. Dafür müsse man sich häufig mit den jeweiligen Betreibern absprechen. „So etwas ist dann nicht planbar und muss vor Ort geklärt werden“, führt der Bauüberwacher weiter aus.
Von der Baustelle ins Büro
Doch lediglich Sand, Schotter und Lärm – darum geht es bei Helbig nicht. Schaut man sich seine Aufgabenliste an, wird schnell klar: Ebenso viel Zeit im Büro wie auf der Baustelle vor Ort ist in Sachen Bauüberwachung unumgänglich. „Die Aufteilung 50/50 passt ganz gut. In der einen Hälfte der Zeit bin ich auf der Baustelle, schaue, ob die Pläne eingehalten werden, die Qualität und die Mengen passen, Breiten, Höhen und Verdichtungen stimmen. In der restlichen Zeit bin ich im Büro und kümmere mich um den ‚Papierkram‘, was heißt: Rechnungen prüfen, mich mit den Fotodokumentationen und Tagesberichten beschäftigen, Baubesprechungen und natürlich Mails schreiben und beantworten. Man sollte recht flexibel sein“, sagt Helbig, der in dringenden Fällen auch nach Feierabend für Kollegen und Partnerfirmen erreichbar ist. Flexibilität und situationsabhängig ein „Mehr“ an Bereitschaft gehören dem Bauingenieur zufolge dazu.
Sicherheitsaspekte beachten
Ab wann entschieden werden kann, eine Straße wieder für den öffentlichen Verkehr zu freizugeben? Die letzte Entscheidung liegt mitunter bei Helbig. „Zum Ende werden erneut Messungen vorgenommen, wie beispielsweise eine Ebenheitsmessung. Extreme Bodenwellen, die die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer gefährden könnten, dürfen dann nicht vorkommen.“ Außerdem gebe es in jedem Bereich ein Längs- und ein Quergefälle. Dies sei ein entscheidender Punkt in Bezug auf die Wasserführung. Ohne Neigung würde sich das Wasser stauen und Aquaplaning sowie erhöhte Frostgefahr entstehen. „Genauso muss natürlich die Fahrbahnbreite passen und alle vorgesehenen Markierungen und Verkehrsschilder müssen vorhanden sein“, fügt Helbig hinzu.
In fünf Jahren, wenn er selbst über die Straßen der B51 fahren wird, wird sich der Bauingenieur wieder anderen Projekten zugewandt haben. „Es gibt auch Baustellen, zu denen man lediglich zwei bis drei Mal in der Woche fährt und die einen wesentlich kleineren Umfang und ein kleineres Bauvolumen umfassen, so dass man mehrere Projekte gleichzeitig betreuen kann“, so Helbig, der seine Position als Bauüberwacher sehr schätzt. Kein Tag sei wie der andere und die Zeit vergehe wie im Flug. „Man muss aber auch ein wenig für den Bau leben. Wenn man sich nicht gerne draußen aufhält und nicht auch mal durch Schlamm laufen möchte, ist das nicht das Richtige für einen“, sagt er schmunzelnd.